Diagnose: Brustkrebs, metastasiert, Erstdiagnose mit 46 Jahren
Verstorben am 1. März 2020
Über mich
Ich bin 1966 geboren und lebe mit meinen Töchtern und English Bulldog
Eddie, geschieden und alleinerziehend in einem efeuumrankten Häuschen
mit ziemlich laubintensivem Garten. Und ich habe Brustkrebs.
Die Erstdiagnose war 2012: Triple Negativ ohne Metastasen.
2016 bekam ich ein lokales Rezidiv. 2017 folgte das nächste Rezidiv.
Seit 2018 bin ich amtlich metastasiert: in Pleura, Lunge, Halswirbeln
sowie in ein paar Lymphknoten im Mediastinum und gelte als unheilbar
chronisch krank. Meine Therapien sind palliativ.
Verlauf meiner Erkrankung
2012 erhielt ich mit 46 Jahren die Diagnose Brustkrebs. Erstmal ein
Schock. Aber hey 80% werden geheilt – und so habe ich mir nach dem Motto
„Yes we can“ neoadjuvant die üblichen Giftcocktails (EC/DOC; Epirubizin
+ Cyclophosphamid sowie Doxetaxel) reingezogen, eine subkutane
Mastektomie machen lassen (Päckchen Butter raus / 225 gr.
Silikonimplantat rein – ich konnte mir nämlich nicht vorstellen „ohne“
aufzuwachen) und eine erhebliche Menge an Bestrahlungen. Erledigt. Vier
Jahre lang habe ich mit dem sicheren Gefühl gelebt ein Cancer-Survivor
zu sein. Und nee, in dieser Zeit hatte ich überhaupt keine Angst.
Brustkrebs war für mich irgendwie gar kein richtiger Krebs. Und dann
Mitte 2016 ein Rezidiv. Lokal im vorderen oberen Mediastinum. Ein 5 cm x
8 cm großer Tumor hatte zwei Venen durchbohrt: die Vena
Brachiocephalica (führt das sauerstoffarme Blut der oberen Extremität
und der Kopf- und Halsregion zum rechten Herzen) und die Vena Cava (eine
weite Hohlvene, die von Bein-, Becken und Bauchregion kommend in den
rechten Vorhof des Herzens mündet) – das verursachte eine
Einfluss-Stauung, die mich aussehen ließ wie ein auf Krawall gebürsteter
Kugelfisch. Also nochmal eine Chemotherapie (Carboplatin mono), die
ärgerlicherweise nicht so recht anschlug – denn es hieß, der Tumor sei
nicht operabel zu entfernen.
Aber nach Einholen einer Zweit- und Dritt-Meinung wurde der Tumor
doch herausgeschnitten – in einer 8-stündigen Thorax-OP mit 9 Tagen auf
Intensivstation (davon 3-tägiges Delir – ein absoluter Horror-Trip!!).
Danach musste ich erst einmal wieder das Laufen erlernen. Mit Rollator,
am Stock und schließlich wieder freihändig. Ich war dem Tod knapp von
der Schippe gesprungen. Mitte 2017 dann das zweite Rezidiv:
Pleurakarzinose rechts sowie gut 3cm messende nekrotische
Lymphknotenmetastase rechts oberhalb des Schlüsselbeins. Die
Lymphknotenmetastase wurde unter Bestrahlungsbeschuss komplett
vernichtet, die Pleurakarzinose signifikant durch 4 Gaben Carboplatin +
Nab-Paclitaxel verkleinert. Im Frühjahr 2018 hieß es dann „Progress“.
Die
Pleurakarzinose hatte sich vergrößert, zudem wurden mehrere ca. 1cm
große Rundherde in der Lunge gesichtet. Es folgte eine Talkumpleurodese,
die den Pleuraspalt so verkleben sollte, dass dazwischen nix mehr
wachsen kann.
Seit Mitte 2018 bin ich amtlich metastasiert, palliativ und nicht
mehr kurativ unterwegs. Keine OPs (Nutzen und Risiko stehen in keinem
sinnvollen Verhältnis) und erstmal keine Bestrahlungen – aber
Dauer-Chemotherapie. Zunächst mit Nab-Paclitaxel, was ca. ein
dreiviertel Jahr seinen Dienst tat – und seit etwa einemhalben Jahr Tabletten-Chemotherapie mit Carpecitabin.
Täglich nehme ich 20 Tabletten ein.
Nicht etwa, um mich gut zu fühlen oder gar gesund zu werden, sondern lediglich, um den Ist-Zustand möglichst lange stabil und erträglich zu halten.
Vor dem Aufstehen
Füße eincremen (zur Vermeidung des Hand-Fuß-Sydroms durch Capecitabin)
Morgens
1 Ibuprofen® 400mg (als Basis), 1 Hydromorphon® 4mg, retardiert (gegen Tumorschmerzen), 1 Pregabalin® 75mg (gegen Nervenschmerzen)
Vormittags
3 Capecitabin® (Zellgift/Zytostatikum, auch bekannt unter dem Handelsnamen XELODA®, um in das Tumorwachstum einzugreifen) + 1 MPC AL 10 (gegen Übelkeit)
Mittags
1 ASS® 100mg (zur Hemmung der Thrombozytenaktivierung und somit als Vorbeugung gegen Infarkte)
1 Telmisartan® (zur Vermeidung der Verengung von Gefäßen)
(Ich hatte bereits zwei durch die Tumorlast bedingte TIAs, Transitorische Ischämische Attacken)
1 Kombi-Tablette Vitamin B1, B6 und B12 (um die Polyneuropathien in Schach zu halten)
1 Ibuprofen® 400mg (als Basis)
1 Moventig® (gegen opioid-induzierte Obstruktion, weil die Schmerzmittel die Peristaltik des Darms lahm legen)
Nachmittags
1 MCP AL 10 (gegen Übelkeit)
Abends
1 Ibuprofen® 400mg (als Basis), 1 Hydromorphon 4mg, retardiert (gegen Tumorschmerzen), 1 Pregabalin 75mg (gegen Nervenschmerzen)
Spät abends
3 Capecitabin® (Zellgift/Zytostatikum, auch bekannt unter dem Handelsnamen XELODA®), um in das Tumorwachstum einzugreifen) + 1 MPC AL 10 (gegen Übelkeit)
Vor dem Zu-Bett-Gehen
Füße und Hände eincremen (zur Vermeidung des Hand- Fuß-Syndroms durch Capecitabin®)
1 mal wöchentlich Dekristol® 20.000 I.E. (gegen Vitamin-D-Mangel, um die Knochen zu stärken und die Bruchgefahr zu verringern)
Alle 3 Wochen finde ich mich im KH ein, um auf der ambulanten
Onkologie (daran ist das Brustzentrum meiner Wahl angeschlossen) die
Antikörper-Infusion
AVASTIN® über den Port zu erhalten, (Wirkstoff Bevacizumab, um die eigenständige Blutgefäßbildung der Tumoren zu hemmen).
Die XGEVA®-Spritze ins Bauchspeck (Wirkstoff Denosumab, um das Wachstum der Knochenmetastasen auszubremsen) haben wir abgesetzt.
Die Knochenmetas in der Wirbelsäule sind stabil und nicht bruchgefährdet.
Meine Motivation
Inzwischen gibt es zahlreiche Blogger, die ihre Krebserkrankung
öffentlich be- und verarbeiten – auf Facebook, einer eigenen Website, im
Blog und auf Instagram.
Da wird über das geschrieben, was einen gerade bewegt. Und/oder darüber,
was man annimmt, dass es auch für andere von Belang sein könnte. Das
tut jeder auf seine ganz individuelle Art mit ganz persönlichen
Schwerpunkten. Es gibt überraschend viele Blogger, die in Sachen
Brustkrebs unterwegs sind und dazu zahlreiche Organisationen, die aktiv
für Brustkrebs-Awareness sorgen. Als Betroffener, der Menschen sucht,
die im gleichen Boot sitzen und noch dazu in ihren Sichtweisen und ihrem
Kommunikationsstil zu einem passen hat man es allerdings gar nicht so
leicht. Man wünscht sich schließlich jemanden, der einen inspiriert und
irgendwie weiterbringt. In meinem speziellen Fall (und eigentlich ist
jeder einzelne Fall speziell) sind lediglich 20% so wie ich Triple
Negativ – und bloggende unheilbar metastasierte „Brustkrebsies“ sind
noch dünner gesät.
Cancer Unites
Als die Idee zu Cancer Unites entstand – einer Website, die es
einem einfacher macht, passende Ansprechpartner zu finden – habe ich
einfach mal gesagt, dass ich dabei bin. Ohne zu wissen worum es
eigentlich geht. Einfach nur darauf vertrauend, dass die
„Krebsie-Truppe“ (im Schnitt deutlich jünger als ich), die ich im Rahmen
einer Goodie-Einladung von Janssen Global
kennen lernen durfte, das schon machen wird. Ich würde dann gerne mit
meinem professionellen Texter-KnowHow sowie meinen speziellen
Krebs-Erfahrungen zuarbeiten und Input beisteuern. Wichtig war mir vor
allem, das Gefühl weiterzugeben, dass niemand mit seiner Erkrankung
alleine dasteht, dass es Menschen gibt, die in einer vergleichbaren
Situation stecken und darüber offen sprechen – und dass jeder davon
profitieren kann.
„As long as I can!“
Seinerzeit hätte ich mir in meiner Situation gewünscht, einfacher die
Leute zu finden, die zu mir und meinen Fragen und Gefühlen passen.
Zunächst habe ich mich nämlich auf dem breiten Feld der „Brustkrebsies“
umgetan. Und ja, es ist erfreulich zu sehen wie viele Cancer-Survivors
über ihr „Leben danach“ bloggen und mit einem engagierten „Yes we can“
unterwegs sind. Es lässt sich auch eine ganze Menge Neulinge finden, die
unlängst ihre Erstdiagnose erhalten haben und sich durch die ersten
Therapien kämpfen – diese hadern natürlich mit ganz anderen Ängsten als
ich. Ob ich eine, zwei oder gar keine Brüste habe, ob sie aus Silikon
oder Eigenfett nachgebaut sind… war mir von Anfang an ziemlich egal.
Ich habe zunächst nach „Triple Negativen“ gesucht und dann noch zusätzlich „metastasiert“.
Inzwischen filtere ich sogar gezielt nach Betroffenen, die Metastasen
an den gleichen Stellen haben wie ich. Bspw. werden Knochenmetastasen
anders behandelt als Hirnmetastasen. Und Metastasen in der Leber anders
als Metastasen in der Lunge. Klar überschneiden sich viele Themen und
die Gefühle sind sehr ähnlich – aber wir alle wissen auch: Krebs ist
nicht gleich Krebs (selbst mit derselben Diagnose / Prognose nicht). Es
gibt krebsspezifische Unterschiede, Unterschiede im Ausmaß und Stand der
Erkrankung.
Für uns unheilbar chronisch erkrankte „Metahasen“ ist es schwierig
mit zukunftsorientierten Durchhalteparolen wie „Yes we can“ umzugehen,
geht es bei uns doch hauptsächlich darum „As long as I can“.
Und wenn Ihr verfolgen wollt wie ich persönlich damit lebe, schaut doch mal bei mir auf Instagram rein.
Bei Interesse einer möglichen Kooperationsanfrage nutze bitte unser Kontaktformular.
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